 |
|
DAS DARF NICHT SCHÖN BLEIBEN zu Christian Enzensbergers Politischer Ästhetik
Dachdecker
auf einem Dach.
Sie decken es nicht.
Sie decken es ab.
Auf dem Giebel einer, neben der Dachluke der nächste,
ein anderer an der Dachrinne, fünf oder sieben, noch einer: alle auf der Höhe. In schöner Gefahr
haben sie Halt gefunden.
Lauter Nächste in schöner Entfernung
bilden eine Reihe,
werfen sich das Zerbrechliche zu,
den Ziegel, fangen ihn auf, drehen sich in der Hüfte dem Nächsten zu, der ihn wieder fängt
und weiterwirft in schöner Arkade.
Ein zeitloses Bild
sinnvoller Arbeit, wie vor fünfhundert Jahren oder vor fünftausend.
Aber sie decken das Haus nicht.
Sie decken es ab. Sie löschen den Brand nicht
mit dem Eimer,
der von Hand zu Hand geht.
Sie bergen die Ziegel nicht für ein neues Haus, für den neuen Dachstuhl.
Am Ende
der menschlichen Kette wirft der letzte Nächste die Ziegel durch eine Röhre in den Müllcontainer.
Dies darzustellen
macht mich zum Komplizen. Wir müssen es abstellen. Das darf nicht schön bleiben.
|